Falls du die Episode lieber hören möchtest, dann gibt es hier die Podcast-Episode:
Am Anfang kam es langsam und lautlos über uns. Einen Virus wie Corona (SARS-CoV-2) können wir mit unseren Sinnen nicht wahrnehmen. Erst wütete er weit weg in China, doch dann war er plötzlich in Italien – schon deutlich näher. Gerade für alle in Süddeutschland und erst Recht kurz nach den Faschingsferien eine greifbare Region. Ich selbst wollte in Südtirol in den Osterferien die Skisaison beenden.
Dann folgten Absagen aller Sportveranstaltungen und spätestens da dämmerte es den meisten. Vor wenigen Tagen überschlugen sich schließlich die Meldungen und die Welle wurde zu einem Tsunami. Erst in Österreich und schließlich auch in Deutschland wurde und wird das Leben immer mehr eingeschränkt. Vor allem weil sehr viele Menschen sich des Ausmaßes der aktuellen Pandemie in keinster Weise bewusst waren und unvernünftig handelten.
Auch ich muss gestehen, dass ich vor ein paar Wochen niemals die aktuellen Geschehnisse für möglich gehalten hätte. Auch wenn ich ohnehin nicht der große Fan von Massenaufläufen bin, freute ich mich auf die Eishockey-Playoffs, den Berlin-Halbmarathon und meinen Oster-Skiurlaub. Alles Pustekuchen!
Jammern nützt nichts, jetzt ist das gefährliche Virus mitten unter uns und wir haben ALLE zum Schutze unserer Mitmenschen unsere (persönlichen und direkten) sozialen Kontakte einzuschränken. Punkt! Wenn du – wie ich – dabei eher Fakten und Wissenschaft statt flammenden Politikerreden glaubst, dann lies mal hier, warum wir keine Alternative haben:
Ist Laufen überhaupt wichtig angesichts der Corona-Krise?
Jetzt könnte man meinen, dass angesichts dieser weltweiten Pandemie Laufen bzw. Joggen völlig nebensächlich ist. Und das ist auch absolut richtig. Die Absagen aller derzeitigen Laufveranstaltungen waren vollkommen alternativlos, auch wenn das zum Zeitpunkt der Absagen vielen nicht klar war. Ein paar Tage später dürften selbst die letzten Unverbesserlichen nicht mehr darüber diskutieren.
Ich rede hier aber nicht von Wettkämpfen. Laufen ist für mich – wie für dich wahrscheinlich auch – viel mehr als eine Randnotiz im Leben, wie es der sportliche Vergleich mit anderen sein können.
Joggen ist ein Fixpunkt in meiner Woche, baut Stress ab, sorgt für meinen Seelenfrieden und trägt somit wunderbar zu meiner geistigen und körperlichen Gesundheit bei. Es tut einfach gut, stärkt mein Immunsystem, macht mich leistungsfähig und resilient. Und gerade letzteres braucht man in der Krise ganz besonders. Ein starkes Immunsystem zur Virenabwehr natürlich auch.
Dass es dabei nicht nur mir so geht, bestätigen auch unzählige Nachrichten, die mich erreichen. Auch und insbesondere von Leuten, die die wahren Helden der Krise sind. Ärzte und Pflegepersonal in Krankenhäusern und überhaupt alle, die im Gesundheitswesen tätig sind. So wie Tanja, die als Palliativkrankenschwester in unserer Facebook-Gruppe schreibt: „…Laufen ist momentan das Einzigste, wobei ich den Kopf frei bekomme.“
Das gilt auch, wenn du mit 24h-Kinderbetreuung, Homeschooling, Homeoffice und der permanenten Nachrichtenflut überlastet bist. Wir haben alle derzeit einiges durchzumachen und der Gedanke, dabei längere Zeit aufs Laufen verzichten zu müssen, stimmt mich depressiv. Klar, man kann auch in den eigenen vier Wänden Sport machen, aber die klare reine Luft meiner Runde am Isarufer gibt es dort nicht.
Darf ich aktuell noch draußen laufen gehen?
Wir haben die ersten Ausgangssperren oder -Beschränkungen und weitere Restriktionen werden sicher folgen. Deshalb möchte ich hier im Artikel aktuell darüber informieren, wo man wie noch Laufen darf:
Stand 21.03.2020 (wird immer wieder aktualisiert)
Deutschland:
- Bayern und Saarland: Die ab dem 21.03. geltende Ausgangsbeschränkung erlaubt dir, allein oder mit im Haushalt lebenden Personen laufen zu gehen. Ausnahmen gelten für Gemeinden unter Quarantäne (u.a. Mitterteich)
- Im restlichen Deutschland wird von Laufgruppen abgeraten, sonst gibt es noch keine Einschränkungen von ein paar wenigen Ausnahmen (u.a. Freiburg) abgesehen.
Österreich:
- In Österreich gilt die Ausgangsbeschränkung bereits seit dem 15.03. Auch dort ist es größtenteils erlaubt, alleine oder mit Personen aus dem eigenen Haushalt Laufen zu gehen. Ein Mindestabstand von einem Meter ist einzuhalten und auch die Anreise zum Joggen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist untersagt.
- Schärfere Regeln gelten für das Bundesland Tirol und ein paar weitere Gemeinden. Diese stehen unter Quarantäne und dort ist Joggen bereits verboten.
Schweiz:
- Auch die Schweiz hat jetzt reagiert und ab dem 21.03. die Regeln verschärft. Outdoor-Aktivitäten mit mehr als 5 Personen sind untersagt und man soll an die Abstandsregeln (2m) halten.
Italien:
- Joggen darf man nur in der Nähe der eigenen Wohnung innerhalb der Gemeindegrenze und außerhalb von öffentlichen Plätzen, wie Parks und Grünanlagen. Aktuell verhandelt man darüber, auch das zu verbieten.
Was muss ich beim Sport gerade jetzt beachten?
Das Laufen dir gut tut, die Laune und dein Immunsystem verbessert, hatten wir schon. Nicht umsonst leiden Sportler, bei denen moderates Ausdauertraining zum Leben dazu gehört, deutlich seltener an Erkältung und Grippe. Letzteres hat aber eine deutliche Einschränkung. Nur wenn du im gemäßigten Tempo unterwegs bist, wird es dich im Kampf gegen das Virus stärker machen. Trainierst du dagegen in der jetzigen Phase noch immer sehr hart, tritt der gegenteilige Effekt ein. Wer schon einmal von einem Trainingslager nach Hause kam und prompt krank wurde, weiß was ich meine.
Rennst du bisher immer mit deinem Nachbarn, so ist jetzt Schluss damit. Laufen gehst du aktuell allein oder nur mit engsten Angehörigen, die IN deinem Haushalt leben. Also auch kein Ausflug mit Verwandten, wie zum Beispiel den Eltern. Hast du dabei nicht das Privileg, eine völlig leere Strecke vor dir zu haben, so gilt die 2m-Regel.
Jeder Passant sollte von dir mit 2m Abstand umkurvt werden. Deshalb würde ich es derzeit auch absolut vermeiden, in belebten Städten und auf beliebten Laufstrecken joggen zu gehen. Selbst dann, wenn es noch erlaubt ist. Such dir statt dessen ein völlig ruhiges Flur- oder Waldstück oder laufe am frühen Morgen oder späten Abend. Hast du davon keines in deiner Nähe, solltest du ernsthaft überlegen, ob du wirklich noch draußen Laufen willst.
Wenn du eine Risikoperson bist, also zum Beispiel über 60 oder Asthma-krank, dann gilt es besonders aufzupassen. Und das man mit Erkältungssymptomen keinerlei sportliche Aktivitäten macht, ist nicht nur in Zeiten der Corona-Krise so. Übrigens ist auch schöneres Wetter mit Sonnenschein nicht nur angenehmer, sondern auch besser. Corona-Viren mögen keine UV-Strahlen.
Ist es moralisch okay, aktuell draußen zu laufen?
Du hast die Erlaubnis, bist fit und hast trotzdem moralische Skrupel, aktuell raus zu gehen. Kann ich absolut nachvollziehen. Aktuell führe ich (selbstverständlich online) meinen beliebten Anfängerlaufkurs „Von 0 auf 5km in 8 Wochen“ durch und dort kam in den letzten Tagen die Diskussion auf, dass man einfach nicht mehr laufen will.
Als Argument wurde zum Beispiel die Vorbildwirkung für die Kids angebracht. Sind die eigenen Kinder Teenager, so trifft sie der derzeitige Stubenarrest besonders hart. Da hilft es in der täglichen Diskussion wenig, wenn Mama oder Papa trotzdem noch ihre Runden drehen. Ähnlich sah es auch eine weitere Teilnehmerin, die mir eine sehr persönliche E-Mail schrieb.
Mein Laufkurs (und auch der Artikel hier) ist eine Aufforderung, das Haus zu verlassen. Als Psychologin in stationärer Einrichtung wird sie und ihre Kollegen gerade umgeschult, um die Situation wenigstens einigermaßen meistern zu können. Wir sollten einfach alle zu Hause bleiben, weil jedes Verlassen des Hauses die Infektionsgefahr erhöht. Und sei es nur das Berühren der Türklinke beim Öffnen der Haustüre. Sie hält es für völlig falsch, jetzt einen Laufkurs abzuhalten oder überhaupt laufen zu gehen.
Ehrlich – ich kann diese Meinung verstehen, doch auf der anderen Seite bekam ich auch von Leuten aus der Pflege und dem Gesundheitswesen Nachrichten, die mich fast schon angefleht haben, den Kurs unbedingt weiterzuführen. So geht eben jeder anders mit der Krise um und das sollte man akzeptieren, auch beim Laufen.
Joggen in der Corona-Krise – ein Fazit
Wie handhabe ich es? Ich gehe laufen. Doch ich habe für mich entschieden, dass es nur noch Läufe unter einer Stunde geben wird und ich auch keine Intervalle oder ähnliches laufen werde. Meine lockeren Joggingrunden sollen in den nächsten Wochen einzig zur Psychohygiene dienen und ich werde sogar größtenteils meine geliebten Kopfhörer weglassen. Jetzt ist einfach nicht die Zeit für strukturiertes Training. Wettkämpfe wird es in den nächsten Monaten ohnehin nicht geben.
Auch meine Strecken variiere ich. Die schöne Runde auf dem Isardamm lasse ich zukünftig weg, da sind in Stadtnähe einfach zu viele Leute unterwegs. Statt dessen laufe ich auf die Felder aus der Stadt raus. Zum Glück bin ich in weniger als einem Kilometer völlig aus bewohnten Gebieten raus. Und ich will öfters am frühen Morgen laufen. Eigentlich nicht unbedingt meine Zeit zum Laufen….
Jetzt bist du und deine Verantwortung gegenüber deinen Mitmenschen gefragt. Sei kein egoistisches Arschloch, halt dich an die Regeln, jogge nur allein, nur in unbelebten Gebieten und bleib die restliche Zeit (von notwendigen Erledigungen abgesehen) zu Hause, um viele Leben zu retten. Um nichts anderes geht es jetzt. Wenn wir das durchstehen, werden wir bald wieder gemeinsam Freude an unserem tollen Hobby haben.
Auf geht’s – werde dauerhaft zum Sportler und bleib vor allem gesund!
Torsten
Übrigens – welchen Alternativsport für zu Hause ich dir empfehlen kann, darüber geht es im Blogartikel nächste Woche. Und noch etwas: Das eigene Immunsystem kann man auch durch kaltes Duschen trainieren. Auch etwas, was ich schon seit 2 Jahren täglich durchführe.
Dein Torsten…
Und das meinen die Leser:
Den Blog kann ich nur wärmstens empfehlen. Super gemacht.
Über den Autor: Torsten Pretzsch
Ich bin 2008 von der Couch aufgestanden, um ein sportlicheres Leben zu führen. Begonnen mit einer Laufrunde von 15 Minuten, lief ich Jahre später Marathon und absolvierte einen Ironman.
Mit dem ausdauerblog möchte ich meine Vision verwirklichen, über 50.000 Menschen dauerhaft zum Laufen zu bringen.
Danke für den Artikel.
Schön, wenn ich den Anstand und Mundschutz einhalte.
Schade, das sich viele andere nicht an die Abstände halten und man blöd angemacht wird, wenn man nett auf Corona hinweist. Am meisten beim Einkaufen.
Kontrollen gibt es keine.
Irgendwie seltsam, das viele das ignorieren.
Fröhliches Laufen, ohne Gefährdung!
Mark
man kann überall laufen gehen. einfach früher aufstehen – morgens um halb 6 ist es überall leer 😉
Bin mir nicht so sicher, ob ich das wirklich ausprobieren möchte. halb 7 ist ja okay, aber noch früher… :-O 😉
Vielen Dank für diesen Artikel, Torsten! Auch ich war etwas ambivalent… Ich war gerade eben laufen (nach einer anstrengenden Arbeitswoche im Gesundheitswesen) und merke, wie gut es meiner Psyche getan hat in dieser sehr herausfordernden Zeit. So lange es geht werde ich es so halten wie du: lockere Runde , nicht zu lang und natürlich alleine. Bleibt alle gesund
Bleib du auch gesund!
Moin Torsten!
Danke für Deinen tollen Artikel! Ich kann Deine Meinung nur unterstützen, denn Laufen ist Gesundheitssport für Körper, Geist und Seele. Und genau das ist es, was jeder einzelne Mensch und vor allem unsere Gesellschaft. Gesunder Menschenverstand führt dazu umsichtig zu handeln und das heisst beim Laufen Abstand zu halten, alleine zu laufen und am besten zu Zeiten oder an Orten, wo weniger Menschen (hoffentlich alleine) unterwegs sein.
Bleib gesund und ganz liebe Grüsse aus dem Norden
Mandy
Und ja gesunder Menschenverstand (die Österreicher nennen das so treffend Hausverstand) ist in allen Lebenslagen sehr empfehlenswert. 😉
Vielen Dank für das Lob – bleib natürlich auch du gesund!
Liebe grüße aus dem Süden
Torsten