Sicher hast du schon einmal von Koordination gehört. Gerade in Sportarten, wo es sich schnell ändernde Situationen gibt, ist diese Fertigkeit ein klarer Vorteil. Doch auch für uns Läufer ist das Thema wichtig.
Koordinationstraining ist speziell im Fußball seit Jahren kein Novum mehr. Die berühmte Koordinationsleiter – von einigen geliebt, von anderen gehasst – stellt bei vielen Vereinen heute einen wichtigen Teil des Trainings dar. Ein Kontakt, zwei Kontakte und vieles mehr: Es lassen sich unendlich viele Übungen damit durchführen.
Doch Koordinationstraining beschränkt sich nicht alleine darauf: Es gibt noch viele weitere Möglichkeiten, die Koordination auch mit Ball zu trainieren. Kurz: Koordinative Fähigkeiten sind im Fußball aufgrund seiner Komplexität an Herausforderungen von großer Bedeutung – und auch für Läufer sind diese Fähigkeiten nicht unbedeutend.
Warum ist Koordinationstraining auch für Läufer wichtig? Und was ist Koordination eigentlich genau? Welche Koordinationsübungen kommen dabei für dich als Läufer in Frage? In diesem Blog bekommst du einen Überblick über die gesamte Thematik.
Was ist Koordination beim Sport?
Koordination wird von Hohmann, Lames und Letzelter (2003)* als „Sammelbegriff für eine Reihe ‚koordinativer Fähigkeiten‘“ definiert. Koordinative Fähigkeiten wiederum „sind einzelne Aspekte der Bewegungssteuerung, die in der Qualität ihrer Ausführung als überdauernde Verhaltensdispositionen betrachtet werden“*.
In der Sportwissenschaft wird allgemein zwischen zwei Begriffen unterschieden, die im Wesentlichen eine Rolle spielen:
- Fähigkeit und
- Fertigkeit.
Eine Fähigkeit kann auch als „Vermögen“ bezeichnet werden. Im Gegensatz zu Fertigkeiten sind Fähigkeiten angeboren. Sie müssen nicht erworben werden. Zu den Fähigkeiten zählen beispielsweise: Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit. Viele Fähigkeiten lassen sich durch entsprechendes Training verbessern.
Fertigkeiten sind in der Sportwissenschaft erlernte oder erworbene Anteile sportlichen Verhaltens. So etwa die Ausführung eines Saltos oder eines Weitsprungs. Gleichzeitig lässt sich daraus schlussfolgern: Zur Realisierung einer Fertigkeit werden Fähigkeiten vorausgesetzt.
Ein Beispiel: Der Weitsprung ist eine Fertigkeit. Um einen Weitsprung auszuführen werden verschiedene koordinative Fähigkeiten vorausgesetzt, so etwa die Schnelligkeit, Sprungkraft, Gleichgewicht. Und hier sind wir auch schon beim nächsten relevanten Punkt: Welche koordinativen Fähigkeiten gibt es eigentlich?
Koordination: Diese sieben Koordinationsfähigkeiten gibt es
- Gleichgewichtsfähigkeit
- Kopplungsfähigkeit
- Orientierungsfähigkeit
- Differenzierungsfähigkeit
- Reaktionsfähigkeit
- Rhythmisierungsfähigkeit
- Umstellungsfähigkeit
Gleichgewichtsfähigkeit
Diese Fähigkeit ist bereits im Alltag tagtäglich erforderlich. Ohne den Gleichgewichtssinn könnten wir nicht aufrecht stehen. Auch beim Laufen ist das Gleichgewicht eine der erforderlichen Fähigkeiten – nicht zuletzt dann, wenn du auf unebenem Untergrund läufst.
Kopplungsfähigkeit
Hierbei geht es einfach erklärt darum, einzelne Bewegungen zu einer Ganzkörperbewegung ideal abzustimmen. Ein gutes Beispiel ist hier etwa eine gut ausgeprägte Schlagtechnik im Tischtennis: Nicht nur die Arbeit der Arme, sondern auch die der Beine und des Rumpfes müssen zueinanderpassen.
Orientierungsfähigkeit
Mit der Orientierungsfähigkeit ist etwa die räumliche und zeitliche Orientierung gemeint. Wir können uns dadurch im Raum orientieren und unsere Position richtig wahrnehmen.
Differenzierungsfähigkeit
Unter Differenzierungsfähigkeit ist die Genauigkeit und Feinabstimmung des Krafteinsatzes in einer Bewegung sowie dessen genauer und ökonomischer Ablauf zu verstehen. Wie viel Kraft musst du aufbringen, um ein Hindernis beim Laufen (etwa einen Baumstamm im Wald) zu überwinden?
Reaktionsfähigkeit
Das ist die Fähigkeit, auf Reize schnell zu reagieren. Das können zum Beispiel akustische oder visuelle Signale sein. In Sportspielen entscheidet eine schnelle Reaktion nicht selten über Erfolg und Nicht-Erfolg. Aber auch in unserem Alltag und beim Laufen spielt diese Fähigkeit eine große Rolle, denken wir beispielsweise an das Autofahren oder eine schnelle Reaktion, wenn ein Radfahrer dir beim Laufen mit hoher Geschwindigkeit entgegenkommt.
Rhythmisierungsfähigkeit
Diese Fähigkeit ist in Bezug auf das Laufen, etwa beim Hindernislauf, gefragt. Der Rhythmus deines Anlaufs muss dabei präzise abgestimmt sein, um beim Absprung nicht zu weit weg oder zu nah am Hindernis zu sein.
Umstellungsfähigkeit
Handlungen müssen im Sport nicht selten angepasst werden. Sie müssen wahrgenommen werden und schließen solltest du darauf reagieren. Das könnte beim Laufen etwa die Veränderung des Untergrunds während des Trainings sein.
Was trainiert man beim Koordinationstraining?
Koordinationstraining ist, wie du schon an den sieben koordinativen Fähigkeiten erkennen kannst, sehr komplex. Die Koordinationsleiter stellt also, wie erwähnt, nur einen Teil des Trainings dar – und auch für dich als Läufer kann sie eine tolle Abwechslung zum gewöhnlichen Training darstellen. Koordinationstraining ist aber natürlich auch immer ein bisschen von der Sportart, die ausgeführt wird, abhängig. Beim Laufen ist die Reaktionsfähigkeit wohl weniger relevant als für einen Torwart beim Fußball oder Handball.
Warum soll ich als Läufer die Koordination trainieren?
Auch Läufer sollten das Koordinationstraining nicht außer Acht lassen. Und das hat gute Gründe. Denn nicht umsonst wird von „motorischen“ Fähigkeiten gesprochen. Koordinationstraining wirkt sich positiv auf die Motorik, die Qualität deiner Bewegung aus. Im Sinne des Laufens arbeitest du damit also auch an deinem Laufstil und leistest für dich selbst präventive Arbeit vor Verletzungen.
Als weitere Gründe lassen sich etwa nennen:
- Setze neue Reize in deinem Training: Abwechslung tut gut. Baue in dein Training neue Inhalte ein. Das könnte beispielsweise ein einfaches Lauf-ABC sein – hierzu später mehr.
- Bleib fit im Kopf: Koordinationstraining ist gar nicht so einfach, glaub mir – ich spreche aus Erfahrung vom Fußballtraining. Reaktionen, Gleichgewicht, Kopplung und ähnliches zu trainieren kann auch ziemlich anstrengend sein. Die Konzentration und der Fokus sind hoch, um die koordinativen Aufgaben zu meistern. Koordinationstraining ist meiner Meinung nach nicht nur für die Bewegung an sich gut, sondern auch etwas für den Kopf.
- Auch für den Alltag von Vorteil: Reaktionsfähigkeit und beispielsweise auch die Gleichgewichtsfähigkeit sind nicht nur im Sport erforderlich. Auch im Alltag greifst du auf diese Fähigkeiten immer wieder zurück.
- Hindernisrennen: Sogenannte „OCR“-Rennen (Obstacle Course Race) werden immer beliebter. Für viele Sportler kommen diese Rennen in Frage – egal aus welcher Sportart sie kommen. Bei Hindernisrennen spielen dir gute koordinative Fähigkeiten auf jeden Fall in die Karten.
3 Übungen für dein Koordinationstraining
Armkreisen in unterschiedliche Richtungen
Diese Übung wirst du bestimmt schon einmal irgendwann in deinem Leben gemacht haben – zumindest im Schulsport. Was sich kompliziert anhört, ist eigentlich ganz easy – sobald du es einmal gemacht hast. Einer deiner beiden Arme schwingt nach vorne, der andere schwingt nach hinten. Achte darauf, dass sich deine Arme immer gleichzeitig wieder über deinem Kopf treffen. Vielleicht dauert es ein bisschen, aber wenn du den Rhythmus gefunden hast, dann könntest du das vermutlich stundenlang machen.
Einbeinstand
Auch diese Übung wirst du bestimmt schon einmal gemacht haben. Sie trainiert dein Gleichgewicht. Hebe ein Bein an, versuche die Balance zu halten und bleibe ruhig stehen. Du kannst beispielsweise die Arme ausstrecken, um das Gleichgewicht besser zu halten. Eine andere Variante wäre der „Baum“ aus dem Yoga. Hierbei führst du die Arme über dem Kopf zusammen und die Fußsohle deines angehobenen Beines drückst du an die Knieinnenseite deines Standbeines.
Standwaage
In der Ausgangsposition stehst du aufrecht. Wähle dein rechtes oder linkes Bein als Standbein. Du beugst deinen Oberkörper nach vorne, breitest deine Arme aus und führst das Bein, das nicht dein Standbein ist, nach hinten. Achte darauf, dass dein Becken nicht kippt, sondern du mit Oberkörper und Bein in der Luft eine Linie bildest. Deine Bauchmuskulatur solltest du dabei anspannen. Halte einige Sekunden in der Position inne und wechsele dann dein Standbein.
Na, bereit für weitere Übungen? Ein Video aus dem ausdauerclub zum Mitmachen findest du hier:
Laufspezifisches Koordinationsübungen: Das Lauf-ABC
Willst du keine Zeit auf einer Trainingsmatte verbringen, sondern deine Koordination direkt beim Laufen trainieren, kannst du hierbei auf das sogenannte Lauf-ABC zurückgreifen. Dieses ist auch Bestandteil von Athletiktraining. Viele Profisportler aus dem Bereich Leichtathletik greifen auf ähnliche Koordinationsübungen – und oftmals auch mit höherem Schwierigkeitsgrad – zurück.
Wie bei allen anderen Trainingsformen – etwa dem Krafttraining – heißt es auch beim Koordinationstraining: Beginne langsam und steigere dich dann. Fange also am besten nicht mit einer zu schweren Übung an, sondern lasse dir Zeit und habe Geduld.
Für Laufanfänger eignen sich beispielsweise folgende Koordinationsübungen:
Hopserlauf
Mit dem rechten Bein drückst du dich kraftvoll vom Boden ab. Das linke Bein ziehst du in die Höhe. Dein rechter Arm schwingt mit. Mit dem Sprungbein landest du wieder auf dem Boden. Dann springst du mit dem linken Bein ab. Den Hopserlauf solltest du eigentlich auch noch aus dem Sportunterricht in der Schule kennen. Versuche dabei an Höhe zu gewinnen. Ist der Hopserlauf vorwärts für dich zu einfach, dann probiere die gleiche Übung einmal rückwärts.
Rückwärtslaufen
Statt normal vorwärtszulaufen, wählst du bei dieser Übung einmal die andere Richtung. Achte darauf, immer einen Fuß hinter den anderen zu setzen. Und laufe nicht los, ohne auch zu schauen, wohin du läufst. Dein Blick sollte hin und wieder auch in die Richtung gehen, in die du läufst. Starte langsam, fühlst du dich sicher, kannst du dein Tempo ein bisschen erhöhen.
Seitwärtslaufen
Auch das Seitwärtslaufen ist eine der Basic-Übungen des Lauf-ABCs. Stelle dich seitlich hin und beginne zu laufen. Diese Übung sollte sich von selbst erklären.
Seitwärts überkreuzen
Das Überkreuzen wird auch oft als Wechselschritte beschrieben. Auch hierfür läufst du seitlich. Schließlich führst du abwechselnd ein Bein vor und hinter dem anderen Bein vorbei. Deine Hüfte unterstützt dabei die Drehbewegung im Oberkörper. Deine Arme kannst du seitlich ausstrecken, halte sie parallel zum Boden.
Willst du dir die Übungen vorab einmal anschauen, kannst du die genaue Ausführung auch noch einmal im Video sehen:
Deine Erfahrungen mit Koordinationstraining: Teile sie mit uns!
Auch wenn Koordinationstraining manchmal nicht so einfach erscheint, lass dich davon nicht abschrecken. Es kann eine großartige Abwechslung zu deinem normalen Lauftraining sein. Nimm die Herausforderung an und probiere es einmal aus. Übrigens: Desto öfter du deine Koordination trainierst, desto besser wirst du und desto leichter fällt es dir.
Hast du schon Erfahrungen mit Koordinationstraining gemacht? Egal, ob schlecht oder gut, teile sie mit uns und lass alle daran teilhaben.
Ich sende dir sportliche Grüße,
deine Michelle
Über die Autorin: Michelle Brey
Fußball, Auspowern, Musik und Schreiben: Das bin ich. Michelle aus München.
Mit bereits fünf Jahren bin ich der Leichtathletik verfallen, zwei Jahre später dem Fußball. In der U17 mischte ich die Juniorinnen Bundesliga, die höchste Fußballliga Deutschlands für Mädchen, auf.
Neben dem Sport schreibe ich leidenschaftlich gerne und hoffe hier meine Leidenschaft zum Sport und dem Schreiben vereinen zu können und so dir, dem Leser, hilfreiche Tricks&Tipps geben zu können!
Ich freue mich auf dich. Sportliche Grüße, Michelle
Quellen:
*Einführung in die Trainingswissenschaft, Hohmann, Andreas ; Lames, Martin ; Letzelter, Manfred