Ein Gastbeitrag von Jahn Sterley
Krafttraining wird von vielen Ausdauersportlern leider eher stiefmütterlich behandelt. Gerade bei Hobby- und Amateursportlern ist das auch wenig verwunderlich. Hier wird die meist schon knapp bemessene Freizeit für die sportliche Leidenschaft genutzt. Viele Menschen haben sowieso schon fast keine Zeit für Sport. Natürlich muss dann priorisiert werden, was man macht. Dabei fällt das Kraft- gegenüber dem Ausdauertraining schon einmal hinten runter.
Du hast dir sicherlich auch schon einmal gedacht, du solltest mal wieder ein Kräftigungstraining machen und hast dich dann doch dafür entschieden einer Runde zu laufen oder mit dem Rad zu fahren. Schließlich macht das mehr Spaß und bringt dich auch unmittelbar Deinen Zielen näher.
Heute muss ich dir leider mitteilen, dass das nicht immer die beste Entscheidung war. Das Krafttraining sollte unbedingt einen hohen Stellenwert in deiner Trainingsplanung einnehmen. Denn nur mit einer guten Vorbereitung Deiner Muskulatur und deines Bewegungsapparates auf anstehende (Spitzen-)Belastungen, wirst du mittel und langfristig verletzungs- und beschwerdefrei bleiben.
Aus diesem Grund möchte ich dir mit diesem Artikel näher bringen, weshalb Krafttraining für Ausdauersportler so wichtig ist und wie du es sinnvoll in Deine Trainingsplanung integrieren kannst. Hierfür werde ich die folgenden Themen behandeln:
- Hauptursachen von Verletzungen beim Ausdauersport
- Nutzen von Kraftsport zur Verletzungsprävention
- Wie viel Krafttraining für Ausdauersportler sinnvoll ist
- Wichtige Kraftsport-Übungen für Ausdauersportler
Anschließend wirst du besser verstehen, wieso Krafttraining als maßgeblicher Bestandteil in deine Trainingsplanung gehört und motiviert sein, regelmäßig Deine Komfortzone zu verlassen und dich mehr mit Krafttraining zu beschäftigen.
Schlechte Vorbereitung ist die Hauptursache für Verletzungen
Wer schon lange Sport treibt, der hatte in diesem Zusammenhang sicherlich bereits schon einmal Beschwerden oder sogar Verletzungen. Das Ziel eines jeden Sportlers ist es sicherlich, diese auf ein Minimum zu reduzieren. Um hier die richtigen Ansätze zu finden, sollte man sich zuerst einmal die häufigsten Ursachen hierfür betrachten.
Aktuellen statistischen Erhebungen zufolge sind die drei Hauptursachen von Verletzungen beim Ausdauersport die folgenden:
- Nicht ausreichender Trainingszustand
- Überforderung durch Intensität und/oder Umfang der Belastung
- Keine Einhaltung von erforderlichen Erholungspausen
Letzten Endes sind alle diese Faktoren auf eine unzureichende bzw. falsche Vorbereitung auf die Belastung in Training und Wettkampf zurückzuführen. Natürlich lassen sich diese Probleme nicht allein durch regelmäßiges Krafttraining beheben. Du solltest in jedem Fall auch darauf achten, deinen Körper nicht unnötig zu überlasten und unrealistische Leistungssteigerungen zu erzwingen. Ebenso ist es unheimlich wichtig, dass du deinem Körper die Zeit gibst, die er braucht, um sich zu erholen. Doch oftmals steckt hinter diesen Verletzungen eben auch eine falsche oder unzureichende Kräftigung der stützenden und stabilisierenden Muskulatur.
Kraftsport gezielt zur Verletzungsprävention einsetzen
Jeder, der schon einmal eine Sportverletzung oder starke Beschwerden im Zusammenhang mit seiner Sportart erfahren hat, kennt das folgende Prozedere:
- Zuerst geht es zu einem Arzt (oder mehreren), der eine Diagnose stellt.
- Dann wird entschieden, ob operiert oder konservativ behandelt wird
- Anschließend wird in der Regel im Rahmen von Physiotherapie weiterbehandelt
- Im Idealfall wird darauf aufbauend mit medizinischem Fitnesstraining fortgefahren
Irgendwann ist dann (hoffentlich) ein Zustand erreicht, der die Ausübung der präferierten Sportart wieder möglich macht und das herkömmliche Training kann wieder begonnen werden.
Ich finde es spannend zu sehen, wie bei einer eingetretenen Verletzung sofort Ärzte, Physiotherapeuten und medizinische Fitnesstrainer einbezogen werden. Sie sollen dabei helfen, den Schaden zu begrenzen und möglichst schnell wieder fit zu werden. Im Vorfeld macht sich jedoch kaum einer Gedanken über das Thema Prävention. Dabei wäre es einfach, durch ein regelmäßiges und gut geplantes Krafttraining bereits im Vorfeld das Auftreten der Beschwerden unwahrscheinlicher zu machen.
Durch gezieltes Krafttraining wird deine Muskulatur gestärkt. Diese gestärkte Muskulatur kann dann beim Ausdauersport einen größeren Teil der Dämpfung übernehmen. Darüber hinaus trägt sie zu einer besseren Haltung und verbesserten Bewegungsabläufen bei. Insgesamt werden dadurch Sehnen, Bänder und Gelenke entlastet und damit auch mögliche Abnutzungserscheinungen reduziert. Auf dieser Grundlage ist dein gesamter Bewegungsapparat dann auch viel besser in der Lage Lastspitzen wegzustecken.
Mach nicht den Fehler, das Krafttraining außer Acht zu lassen. Das wird dich am Ende nur Zeit kosten, die du nicht mit deiner sportlichen Leidenschaft verbringen kannst. Außerdem ist auch deine sportliche Leistungsfähigkeit mit einer stabilen Struktur und einer soliden muskulären Basis deutlich größer. Gerade, wenn du auch jenseits der 40 noch fit und gesund sein und beschwerdefrei deinem Sport nachgehen möchtest, solltest du hiermit möglichst früh anfangen. Bezieh also Krafttraining auf jeden Fall in dein Training ein.
So viel Krafttraining ist gar nicht nötig
Jetzt befürchtest du vielleicht, dass du zukünftig viel Zeit für zusätzliches Krafttraining aufwenden musst. Tatsächlich ist der erforderliche Zeitaufwand hierfür jedoch bei Weitem nicht so groß, wie mancher befürchtet.
Wenn du bislang kein nennenswertes Krafttraining zur Unterstützung deines Ausdauersports gemacht hast, dann wirst du bereits schnell deutliche Verbesserungen feststellen können, wenn du zukünftig 2 kurze Krafteinheiten in der Woche einplanst. Wenn du dir für eine Einheit etwa 30 Minuten Zeit nimmst, sollte das bereits ausreichend sein.
Natürlich ist das länger als das häufig angepriesene 7 Minuten Training. Versteh mich nicht falsch, ich bin auch ein großer Freund von minimalistischen, zeitsparenden Workouts und mache auch regelmäßig das eine oder andere Tabata Workout. Ich halte diese Trainingsarten für eine gute Option, wenn man extrem wenig Zeit hat. Es ist definitiv besser, als gar nichts zu machen. Um durch Krafttraining eine solide muskuläre Basis zur Verbesserung deines Ausdauersports zu schaffen, solltest du dir jedoch regelmäßig etwas mehr Zeit nehmen.
Es ist übrigens auch nicht zwingend nötig, dass du dich dafür in einem Fitnessstudio anmeldest. Du kannst mit Bodyweight Training viele effektive Übungen auch einfach zuhause machen. Ein paar Therabänder und ein guter Slingtrainer sind hierbei jedoch äußerst sinnvolle Hilfsmittel.
Die richtige Art des Krafttrainings für Ausdauersportler
Natürlich hast du als Ausdauersportler einen ganz anderen Trainingsfokus und andere Trainingsziele, als das bei einem Kraftsportler der Fall ist. Du willst deine Haltung, Stabilität und deine Leistung in Deinem Ausdauersport verbessern. Auf dieses Ziel muss natürlich auch dein Krafttraining ausgerichtet sein. Ein auf maximales Muskelwachstum ausgelegter Trainingsansatz wäre hier sicherlich der falsche.
Statt auf Muskelmasse solltest du Wert auf möglichst große Muskelqualität legen. Dein Ziel sollte es sein, deine Muskulatur bei geringer Masse möglichst leistungsfähig zu machen. Hierfür empfiehlt es sich, den Trainingsfokus auf das Training der Kraftausdauer (15-30 Wdh) sowie das Maximalkraft Training (1-5 Wdh) zu legen und das Hypertrophie Training (6-12 Wdh) eher nachrangig zu betrachten. Dadurch werden die intermuskuläre Koordination (verschiedene Muskeln) und intramuskuläre Koordination (Muskelfasern innerhalb eines Muskels) geschult sowie die Energiebereitstellungsprozesse verbessert.
Alle 6-10 Wochen sollte die Trainingsart übrigens zyklisch gewechselt werden. Das ermöglicht ein optimales Ergebnis durch einen gesunden Mix aus Maximalkraftleistung und Kraftausdauerleistung. Du solltest also 6-10 Wochen Deine Kraftausdauer trainieren, dann das Trainingsprinzip wechseln und die nächsten 6-10 Wochen Maximalkrafttraining betreiben. So wechselst Du laufend zwischen den Krafttrainingsarten.
Die wichtigsten Kraftsport-Übungen für Ausdauersportler
Die Frage, welche Kraftsport Übungen für einen Ausdauersportler die besten sind, ist natürlich pauschal gar nicht so einfach zu beantworten. Schließlich spielt es für die Auswahl der optimalen Übungen für das Krafttraining eine nicht ganz unwichtige Rolle, welche Art von Ausdauersport du betreibst.
Wenn du dich allerdings (noch) nicht auf einem sehr ambitionierten Leistungsniveau befindest, dann gibt es einige Dinge, die grundsätzlich für Ausdauersportler aller Art als effektives Kräftigungs-Basistraining sehr sinnvoll sind. Hierbei stehen insbesondere die Kräftigung des Rumpfes, der Beine sowie der Rückenmuskulatur im Fokus, um mehr Stabilität und Sicherheit für Training und Wettkampf zu erreichen. Das kann sich auch bereits positiv auf dein Leistungsniveau auswirken.
Die 10 effektivsten Krafttraining-Basisübungen für Ausdauersportler:
- (Tiefe) Kniebeugen für Beine, Po und die Rumpfstabilität
- Kreuzheben oder Good Morning Varianten für maximale Stabilität im unteren Rücken
- (einbeinige) Hüftstreckung… für den Hüftstrecker…Überraschung 😉
- Beincurls oder Kick-Backs für den häufig vernachlässigten Beinbeuger
- Beinabspreizen und Beinanziehen gegen Wiederstand für Adduktoren und Abduktoren
- Liegestütze für Brust, Schultern und die gesamte Rumpfmuskulatur
- Knee Tucks für eine starke Bauchmuskulatur
- Planks für einen ausdauernd stabilen Core
- Klimmzüge/ Lat-Ziehen für eine starken und gesunden Rücken
- Rudern oder Butterfly Reverse für den unterschätzten Trapezmuskel
Grundsätzlich eignet es sich für Ausdauersportler besonders gut, diese Übungen in einen schlanken Ganzkörper-Trainingsplan einzubauen. Dieser sollte die Muskulatur für folgende Ausdauer-Trainingseinheiten nicht überlasten und zeitgleich ausreichen fordern, um die gewünschten Fortschritte zu erzielen. Der Fokus soll hier schließlich weiterhin auf dem Ausdauersport liegen und das Krafttraining nur als Unterstützung dienen.
Du musst nicht immer alle diese Übungen machen. Es macht jedoch Sinn, diese Übungen alle hin und wieder in Deinem Kraft-Trainingsplan unterzubringen. Es ist wichtig, dass du hier einen soliden Mix zwischen den wichtigen Muskelgruppen hinbekommst und keine wichtigen, stabilisierenden Muskelgruppen vernachlässigst. Wenn du dich daran hältst, wirst du auch schnell Fortschritte in deinem Trainingstagebuch feststellen können.
Krafttraining für Ausdauersportler – ein Fazit
Falls du bislang gedacht hast, dass du Krafttraining für deinen Ausdauersport nicht nötig hast, dann hat sich diese Ansicht jetzt hoffentlich ein wenig verändert. Kraftsport hat für dich als Ausdauersportler diverse Vorteile, auf die du nicht verzichten solltest.
Gerade die Chance, durch gezieltes Krafttraining deine Verletzungsgefahr zu reduzieren und die Wahrscheinlichkeit für auftretende Beschwerden zu verringern, ist sicherlich für jeden leidenschaftlichen Sportler ein guter Anreiz. Zudem du jetzt ja weißt, dass der Zeitaufwand bei Weitem nicht so groß ist, wie mancher meint.
Ich hoffe du beziehst zukünftig (noch häufiger) Krafttraining in deine Trainingsplanung ein und profitierst von den positiven Effekten auf deinen Ausdauersport sowie auf dein Leben. 🙂
Sportliche Grüße
Jahn
Über Jahn:
Früher als Unternehmensberater und inzwischen als Projektmanager tätig, waren Sport und gesunde Ernährung lange herausfordernde Themen für Jahn.
Heute hilft er mit seinem Fitnessblog Fitvolution Menschen dabei Sport und gesunde Ernährung mit ihrem stressigen Alltag zu vereinbaren. Durch seine Erfahrung und seine Ausbildung als zertifizierter Medizinischer Fitnesstrainer und Personal Trainer bringt er den notwendigen Hintergrund mit, um Dir auf Deinem Weg zu einem fitten Leben zu helfen.
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