Jenseits der extremsten Erschöpfung und Qual stoßen wir möglicherweise auf ein Ausmaß an Mühelosigkeit und Kraft, das wir uns nie erträumt hätten. (William James)
Manuela läuft nicht ihren ersten Marathon und sie ist bestens trainiert. Sie passiert Kilometer 30 und trotz erster Schmerzreize bleibt sie optimistisch und schaut der anstehenden Herausforderung entgegen.
Manuela erreicht Kilometer 35, ihre Zwischenzeit ist hervorragend. Sie kann sogar leicht beschleunigen und plötzlich sind Müdigkeit und Schmerzen wie weggeblasen – das Runner’s High tritt ein.
Manuela schwebt – gefühlt fliegt sie – dem Ziel entgegen, vollkommen euphorisch. Erst Stunden später kehren die Schmerzen und die Müdigkeit zurück, aber da überwiegt längst das Glücksgefühl über die neue Bestzeit.
Das Runner High ist so etwas wie der heilige Gral der Läufer. Jeder Sportler erzählt davon, doch keiner (oder kaum ein Mensch) hat ihn je gesehen. Auch ich nicht – jedenfalls kann ich mich an keinen solchen Moment erinnern. Oder habe ich es im Hochgefühl nur nicht bemerkt?
Sportler auf Hochgefühl – was ist das Runner’s High?
Das Läuferhoch wird oft als Gefühl tiefer Zufriedenheit und Euphorie beschrieben, begleitet von einer reduzierten Wahrnehmung von Schmerz und Erschöpfung. Es ist ein Zustand, in dem man sich scheinbar mühelos und in perfekter Harmonie mit dem Körper bewegt.
Manche Läufer berichten von einem Gefühl der Gelassenheit und Klarheit, fast als ob sie in einer Art meditativen Zustand wären. Es kann ein tiefes Gefühl der Verbundenheit mit der Natur und der Umgebung entstehen, und oft geht es einher mit einem starken Glücksgefühl und hoher Zufriedenheit.
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass in deinem Körper ein Hochgefühl ähnlich wie ein Rauschzustand produziert werden kann, der zum Runner’s High führt. Ein Laufrausch eben.
Was sind Endorphine und wie tragen sie zum Runner’s High bei?
Forscher von der Uniklinik Bonn und der TU München wiesen 2008 nach, dass nach einem zweistündigen Dauerlauf vermehrt Endorphine in bestimmten Gehirnregionen festgesetzt werden. [1]
Doch was sind diese Endorphine? Endorphine sind körpereigene Opiate, die während intensiver körperlicher Aktivität freigesetzt werden. Sie docken an spezielle Rezeptoren im Gehirn an, ähnlich wie Schmerzmittel oder Drogen. Und genau wie die genannten Drogen vermindern die körpereigenen Opiate dein Schmerzempfinden und machen dich euphorisch – du wirst high!
Dies führt zu einer Reduzierung des Schmerzempfindens und einer Zunahme von Wohlbehagen und Euphorie. Es entsteht das Gefühl des „High-Seins“. Du hast eine Art Rausch.
Die Ausschüttung von Endorphin beeinflusst zudem unseren Gemütszustand und kann dazu beitragen, Stress abzubauen und Angstzustände zu lindern. Insgesamt tragen Endorphine zum berühmten „Runner’s High“ bei, einem Glücksgefühl voller Leichtigkeit beim Laufen.
Endorphin, Dopamin und weitere Stoffe – die Gründe für dein Wohlbefinden
Und die Endorphinausschüttung – so zumindest die Theorie – hält sogar auch dann an, wenn das Ende deines Laufs längst erreicht ist.
Doch es gibt noch mehr Botenstoffe im Gehirn, die beim Sport gebildet werden: Serotonin, Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin – ein richtiger Cocktail an körpereigenen Drogen.
Die starken Emotionen jedoch lassen sich nicht nur allein durch die körpereigenen Glückshormone erklären, da muss es noch mehr geben. Zu dieser Erkenntnis kommt auch Oliver Stoll, Professor für Sportpsychologie an der Universität Halle-Wittenberg.
Flow – der kleine Bruder vom Runners High
Stoll hat gemeinsam mit einem Kollegen aus Beirut 2009 untersucht, was in den Momenten von intensiver und langanhaltender Belastung noch so im Gehirn abläuft.
Die meiste Energie und der meiste Sauerstoff wird bei Belastung in deine Muskeln transportiert. Dort wird er dringend gebraucht. Dein Gehirn wiederum muss mit dem verbliebenen Sauerstoff haushalten, um seine Funktionen aufrechtzuerhalten. Deshalb läuft es auf Sparflamme und alle Gedanken an Job & Alltag verschwinden
„Schuld“ ist der präfrontale Cortex, der Teil der Großhirnrinde des Gehirns, welcher in solchen Momenten abgeschaltet wird und normalerweise für das Denken, als Problemlöser und die Wahrnehmung von Raum und Zeit zuständig ist. Du bist nur noch im Hier und Jetzt. Du bist im Flow – ein Gefühl, das vergleichbar mit einem leichten (!) Alkoholrausch ist.
Läuft bei dir! Was passiert im Flow?
Deine Beine laufen wie von selbst, du fühlst dich blendend und deine Gedanken verschwinden vor deinem geistigen Auge.
Du bist im Flow – ganz im aktuellen Moment. Ein Ganzes, mit deinem Körper und deinen Laufschuhen – nur du und der Weg vor dir. So einen Moment hast du hoffentlich schon erlebt. Den kennen – im Gegensatz zum Läuferhoch – sehr viele Läufer. Und dieser Moment ist großartig.
Mit der Flow-Theorie zum Glücksgefühl
Die Flow-Theorie geht auf den ungarischen Psychologie-Professor Mihály Csíkszentmihályi zurück. Sie beschreibt das vollkommene Aufgehen in der aktuellen Tätigkeit und bezieht sich keineswegs nur auf das Laufen. Auch bei anderen Tätigkeiten, sei es im Job oder im Alltag, kannst du Flow erleben.
Zum Beispiel kann ein Musiker während eines Konzerts völlig in seiner Musik aufgehen und alles um ihn herum vergessen, oder ein Programmierer kann in seiner Arbeit so vertieft sein, dass er die Zeit und seine Umgebung vergisst. In beiden Fällen erfüllen sie ihre Tätigkeit mit völliger Hingabe und Konzentration, was ein Merkmal von Flow ist. Nicht weniger eindrucksvoller erlebt man das bei Kindern, die völlig in ihrer Spielwelt gefangen sind.
Für Csíkszentmihályi ist Flow die Formel für Glück. Glück kommt nicht von außen, Glück ist das, was du aus deinen Erfahrungen machst. Laut der britischen Zeitung “The Independent” gehört Mihaly Csikszentmihalys »Flow. Das Geheimnis des Glücks«* zu den 33 Büchern, die man gelesen haben muss, bevor man 30 wird. [2] Nun, das habe ich nicht so wirklich geschafft – aber es dann mit 40 nachgeholt. Unbedingte Empfehlung!
Laufen macht glücklich
Laufen beeinflusst deine Psyche auf vielfältige Weise und spielt eine wesentliche Rolle bei der Verbesserung deiner Stimmung. Zum einen löst es die bereits erwähnte physiologische Reaktion aus. Zum anderen bietet Laufen eine Form von Meditation in Bewegung, was einen positiven Einfluss auf Stress und Angstzustände haben kann.
Im Hinblick auf dein Selbstbewusstsein und das allgemeine Wohlbefinden trägt regelmäßiges Laufen zur Verbesserung der körperlichen Gesundheit bei, was sich wiederum auf das Selbstbild und das Selbstwertgefühl auswirkt. Die Erfahrung von Fortschritten, die Erreichung von Zielen oder die Wirkung der Bewegung kann das Selbstbewusstsein steigern und ein Gefühl der Selbstwirksamkeit fördern, was einen immens positiven Aspekt in deinem Leben darstellt.
Reduzierung von Angst und Depression sowie ein positives Selbstbild
Verschiedene psychologische Studien unterstützen diese Ansichten. Eine Studie fand zum Beispiel heraus, dass regelmäßige körperliche Aktivität bei Jugendlichen zu einem positiveren Selbstbild und weniger depressiven Symptomen führte. [3] Eine andere Studie zeigte, dass Joggen zur Reduzierung von Angst und Depression beiträgt. [4] Also ja, die psychologischen Aspekte des Laufens sind weitaus mehr als nur das „Runner’s High“ und man kann definitiv sagen:
Wie du mit diesen 7 Tipps dein Glücksgefühl beim Joggen steigerst
Was braucht es aber für das Glücksgefühl beim Joggen? Eine Garantie gibt es nämlich dafür nicht. Und trotzdem will ich dir anhand der Flow-Theorie ein paar Tipps nennen, die Läufern helfen, ein Hochgefühl zu erreichen.
- Du hast ein klares Ziel und erhältst sofort Rückmeldung darüber.
Diese Komponente ist im Sport sehr einfach zu erfüllen. Du willst unbedingt laufen, weil es dir Spaß macht und guttut und du läufst. Schneller kann eine Rückmeldung nicht erfolgen. Da braucht es gar nicht das ferne Ziel eines Wettkampfs oder einer neuen Bestzeit.
- Deine Konzentration auf diese eine Sache ist hoch.
Konzentration nur auf eine Sache ist etwas, was wir in unserem Alltag kaum noch haben. Selbst beim Laufen schweifen die Gedanken umher, für den Flow musst du dich jedoch nur aufs Laufen selbst konzentrieren. Ruhige, meditative Musik kann dir dabei helfen.
- Das Verhältnis zwischen Herausforderung und Können muss passen.
Läufst du an deinem persönlichen Limit, wird sich Flow kaum einstellen. Gleiches gilt, wenn du zu langsam läufst. Auch da wirst du den Flow nicht erleben, denn du brauchst die richtige Mischung aus Anforderung und Fähigkeit für das, was du tust. Das ist übrigens der Hauptgrund, warum Laufanfänger fast nie in den Flow kommen. Dazu braucht es Erfahrung und Können.
- Du kontrollierst die eigene Handlung.
Weder dein Atem noch deine Beine bestimmen das Tempo, sondern du. In diesem Zustand kontrollierst du deinen Körper und deine Pace – du läufst gleichmäßig und locker.
- Die Leichtigkeit des Seins
Deine Beine laufen von selbst, deine Arme bewegen sich gleichmäßig mit deinen Beinen und auch dein Atem passt sich diesem Rhythmus an. Laufen fällt dir leicht.
- Du vergisst die Zeit.
Wie lang bist du eigentlich schon unterwegs? Und wie lange fühlst du dich schon so? Im Flow verlierst du dein Zeitgefühl – und zwar in beide Richtungen.
- Du bist deine Beine, deine Beine sind du.
Gedanken an den Alltag verschwinden und werden dabei immer kleiner. Alles, was du willst, ist Laufen und das jetzt und in dieser Umgebung. Schmerzen kennst du in diesem Zustand nicht und deine Laune ist bestens.
Mehr als nur Bewegung: Eine Reise zum Runner’s High und darüber hinaus
Unser geliebter Sport ist ein Tanz, der Körper und Seele miteinander verbindet – doch wir dürfen nicht vergessen, dass das Gleichgewicht entscheidend ist. Mit jedem Schritt, den wir auf dem Laufband, der Straße oder dem Waldweg machen, laden wir ein Stück Glück in unser Leben ein.
Die magischen Momente, in denen wir in unseren Lauf versinken, machen Sport eher zur Glückstherapie als zur Anstrengung. Probleme, die einst wie Berge erschienen, schrumpfen zu Hügeln, die leicht zu überwinden sind.
Frische Ideen, die in den Tiefen unseres Unterbewusstseins schlummern, kommen zum Vorschein. Wie oft habe ich meine Läufe unterbrochen, nur um eine plötzliche Eingebung festzuhalten!
Wenn Endorphine zur Obsession werden
Aber wie bei allen Dingen im Leben hat auch der Sport seine dunkle Seite. Für einige wird das Streben nach dem Runner’s High zur Obsession, die weit über das hinausgeht, was ihre Gesundheit erträgt. Frustration und Gereiztheit warten an der Ziellinie, wenn sie die erhoffte Wirkung nicht erreichen.
In diesen Momenten wird das Streben nach Ekstase zur Sucht, und die dunkle Seite des Sports kommt hervor. Doch in dem Wissen, dass Balance der Schlüssel ist, können wir weiterlaufen, den Flow finden und das Glück der Bewegung erleben, ohne uns zu verlieren.
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Quellen:
[1] http://www.wissenschaft.de/home/-/journal_content/56/12054/55616/ [2] http://www.independent.co.uk/arts-entertainment/books/features/the-business-books-every-professional-should-read-before-turning-30-a6760546.html [3] https://www.researchgate.net/publication/12358735_Physical_activity_self-esteem_and_self-efficacy_relationships_in_older_adults_A_randomized_controlled_trial [4] https://www.researchgate.net/publication/6924343_Exercise_for_Mental_Health
Über den Autor: Torsten Pretzsch
Ich bin 2008 von der Couch aufgestanden, um ein sportlicheres Leben zu führen. Begonnen mit einer Laufrunde von 15 Minuten, lief ich Jahre später Marathon und absolvierte einen Ironman.
Mit dem ausdauerblog möchte ich meine Vision verwirklichen, über 50.000 Menschen dauerhaft zum Laufen zu bringen.