Treibe Sport oder bleibe gesund…
Letztens hörte ich im Podcast von FatBoysRun, dass in der Zeitschrift „aktiv Laufen“ ein Artikel zum Thema „Doping im Freizeitsport“ zu finden ist. Fast zur gleichen Zeit tauchte in meiner Facebook-Bubble ebenso der Hinweis auf diesen Beitrag auf.
Und weil der Lese-Tipp in einer Facebook-Gruppe stand und dort explizit auf Schmerzmittel à la Ibuprofen verwiesen wurde, entbrannte eine interessante Diskussion.
Natürlich gab es anfangs niemanden, der zugab, etwas zu nehmen. Alle sauber, alle clean und absolute Gegner von Schmerzmitteln im Sport. War der Artikel etwa übertrieben und falsch?
Nach einigen vehement ablehnenden Beiträgen tauchten nach einiger Zeit die ersten auf, die meinten, dass sie jemand kennen, da wäre das Gang und Gebe. Die berühmten “ich-kenn-jemanden-der-jemand-gekannt-hat-der-das-schon-einmal-gesehen-hat” oder so ähnlich…
Doch tatsächlich outete sich schließlich einer und gab zu, einen Monat zuvor wegen einer leichten Entzündung einen Marathon auf Ibuprofen gelaufen zu haben. Es gab diese Fälle also doch.
Wie das heutzutage in der Facebook-Blase so ist, wurden mir weitere Artikel zum Thema aus meinem Netzwerk angezeigt. „Doping im Hobby-Radsport“ war da ein solcher Beitrag. Zwar schon mehr als ein Jahr alt, aber eben trotzdem aktuell und immer wieder geteilt.
Jetzt kommt sicher gleich von dir das Argument, dass Schmerzmittel ja gar kein Doping sind. Geht man nach der Liste der unerlaubten Mittel laut WADA (World Anti-Doping Agency) so hast du Recht. Aber zählt das allein als Argument pro Schmerzmittel?
Grund genug, mal selbst etwas zum Thema zu verfassen. Denn natürlich habe auch ich eine Meinung darüber. Eine Meinung, die euch hier nicht vorenthalten möchte. Doch erst einmal ein paar Fakten…
Schmerzmittel – die Vorstufe zum Doping?
Der Einstieg ist meist richtig harmlos.
Du hast mittags leichte Kopfschmerzen und nimmst vorsorglich eine Aspirin. Schließlich musst du noch ein paar Stunden arbeiten und am Abend willst du auch unbedingt laufen gehen. Oder es steht ein längerer Lauf auf dem Programm und dein Schienbein schmerzt – wie so oft – noch ein wenig vom gestrigen Training. Du schmierst es mit Voltaren ein und eine “leichte“ Ibuprofen kann doch eigentlich auch nicht schaden, oder?
Im Training hast du dann keine Schmerzen und auch die Kopfschmerzen sind wie weggeblasen. Lag sicher an den Tabletten, denkst du dir. Wirklich?
So – oder so ähnlich fängt es meistens an. Und setzt sich dann verstärkt fort, je ambitionierter du als Sportler wirst.
Mehr als jeder Zweite nimmt beim Sport Schmerzmitttel
In der Ausgabe der „aktiv Laufen“ wird auf eine berühmte Studie des Erlanger Professor für Pharmakologie, Prof. Dr. Kay Brune, hingewiesen, die bereits 2009 beim Bonn-Marathon durchgeführt wurde. Von 1024 befragten Sportler gaben 60% an, vor dem Start ein Schmerzmittel genommen zu haben. Nur 11% nannten dabei wirkliche Schmerzen als Grund für die Einnahme an.
Ein Jahr später wiederholte das Wissenschaftler-Team der Uni Erlangen-Nürnberg erneut beim Bonn-Marathon die Tests bei über 4000 Läufern bei Halbmarathon und Marathon. Die Quote der Läufer mit Schmerzmittel war zwar mit 50% etwas geringer als im Vorjahr, aber immer noch erschreckend hoch. Spitzenreiter bei den Schmerzmitteln war Diclofenac, was zum Beispiel in Voltaren enthalten ist. Dicht gefolgt von Ibuprofen bzw. Paracetamol und mit etwas Abstand Aspirin.
Was passiert bei sportlicher Belastung unter Schmerzmitteleinfluss?
Unter Belastung erhöht sich der Einfluss der Medikamente und das ist etwas, was oft nicht beachtet wird. Herz-Kreislauf und besonders Magen, Darm und Niere werden durch die Schmerzmittel verstärkt belastet.
Dein Körper ist aber unter sportlicher Belastung mit der Versorgung der Muskeln beschäftigt und somit ist die Durchblutung des Magens und des Darms deutlich vermindert. Das führt dann dazu, dass die Zellen des Verdauungstraktes durchlässiger werden und vermehrt giftige Substanzen ins Blut lassen. Die Folge: Die Entzündungswerte im Körper steigen stark an. Wer regelmäßig und besonders oft sich eine bakterielle Entzündung zuzieht, kann hier eine Ursache finden.
Neben den körperlichen Auswirkungen ist aber auch die Psyche nicht zu vernachlässigen. Wer es gewohnt ist, regelmäßig Schmerzmittel zu nehmen – und sei es nur zur Vorsorge – der greift auch beim Wettkampf viel schneller danach. Und das oft aus purer Angst vor Anstrengung und dem damit verbundenen Schmerz. Ein Teufelskreis…
Dass Schmerzmittel einen positiven Einfluss auf deine Leistung haben, ist erwiesenermaßen ein Trugschluss oder maximal auf den Placebo-Effekt zurück zu führen. Verschiedene Studien haben nachgewiesen, dass der gefühlte Schmerz und auch der Muskelkater danach genauso stark ausfällt, wie ohne Schmerzmittel. Warum nimmst du es dann?
Und warum nimmt man überhaupt Schmerzmittel beim Sport?
Zum einen – und das finde ich ziemlich erschreckend – sind Voltaren, Ibuprofen & Co. für viele Menschen ganz normale Dinge des täglichen Gebrauchs.
Den meisten ist dabei gar nicht bewusst, was man dem Körper antut. Es reicht ihnen, wenn eine Linderung des Schmerzes der Psyche gut tut. Übrigens – entgegen vieler Mythen haben Frauen ein höheres Schmerzempfinden als Männer und greifen somit häufiger zu Schmerzmitteln.
Höher, schneller, weiter – die Jagd nach Ruhm und Ehre
Dann gibt es noch die ehrgeizige Fraktion, die einfach der Meinung ist, dass sie unter Schmerzmitteln mehr und härter trainieren können. Profis machen das schließlich vor.
In Wahrheit gibt es bis heute keinen wissenschaftlichen Nachweis, der diesen Mythos belegt. Im Gegenteil – besser wird man durch den Wechsel aus An- und Entspannung. Überspannt man durch Schmerzmittel den Bogen bei der Belastung und hilft auch beim Entspannen dann durch Voltaren & Co. nach, so erhöht sich die Verletzungsgefahr immens und auch die Superkompensation wird minimiert.
Schließlich geht es auch um Ruhm und Ehre. Auch Freizeitläufer werden für ihre Disziplin und ihre Willenskraft bewundert und das schmeichelt dem Ego. Da ist dann eben der eine oder andere bereit, im Zweifel mit Schmerzmittel nachzuhelfen, um die begehrte Finishermedaille an die Wand zu hängen und vor Freuden der große Held zu sein. Und sei es nur aus Angst, der vermeintliche Erfolg können nur unter Schmerzen errungen werden. Die möglichen Folgen werden dabei völlig ausgeblendet – ob bewusst oder unbewusst.
What the f***! Meine Meinung zum Thema
Schmerzen sind gerade im Sport etwas positives. Schmerzen sind dein guter Freund, die warnende Stimme deines Körpers, dass du hier eine Grenze überschreitest. Stehst du nun unter Einfluss von Schmerzmittel, so sinkt diese Schmerzsensibilität immens. Das ist ja auch das Ziel hinter der Einnahme. Die Gefahr von Überlastung steigt an und somit beschränken sich die gesundheitlichen Folgen eben nicht nur auf die Medikamente selbst, sondern sie fördern auch sämtlichen weiteren Überlastungsschäden.
Für mich ist die Einnahme von Schmerzmitteln im Training und Wettkampf ein absolutes No-Go! Du betrügst damit niemanden anderen als dich selbst.
Habe ich solche Schmerzen, die Voltaren & Co. zur Folge haben, so mache ich Trainingspause. Erst Recht gilt das für Schmerzmittel in Tablettenform, die bei mir sowieso tabu sind. Zumindest ohne Anweisung vom Arzt! Wenn diese Schmerzen bedeuten, dass ich am Wettkampf, auf den ich möglicherweise monatelang trainiert habe, nicht teilnehmen kann. So ist das zu akzeptieren. Glaub mir, ich weiß wovon ich spreche! Der nächste Wettkampf kommt bestimmt.
Regelrecht genervt bin ich übrigens von den Möchtegernsportlern, die sich auf ihren Wettkampf nicht ausreichend vorbereiten und dann am Tag X mit Schmerzmittel dies kompensieren wollen. Klar, kann jeder mit seinem Körper machen was er oder sie will. Aber wenn man das mal nüchtern betrachtet, interessiert es niemanden, wenn du ohne vernünftiges Training einen Halbmarathons ins Ziel kriechst.
Viel mehr Freude und Vergnügen – und das dauerhaft und auch abseits vom Sport – hast du allerdings, wenn du regelmäßig trainierst und dich vernünftig und Schritt-für-Schritt auf deine sportlichen Highlights vorbereitest.
Zu Risiken und Nebenwirkungen befragen sie ihren Arzt oder Apotheker
In der bereits erwähnten Studie der Erlanger Wissenschaftler wurde festgestellt, dass Schmerzmittellläufer keinen Vorteil gegenüber ihren sauberen Konkurrenten hatten. Im Gegenteil – im Krankenhaus landeten nach dem Rennen nur Läufer, die Schmerzmittel genommen hatten. Und das mit folgenden unschönen Symptomen: Magenkrämpfe, Herz-Kreislauf-Probleme, Magen-Darm-Blutungen und Blut im Urin.
Das erschreckendste aber ist, dass 93% überhaupt nicht über die Nebenwirkungen von Schmerzmitteln beim Sport informiert waren! Nicht umsonst steht auf den Verpackungen: „Zu Risiken und Nebenwirkungen befragen sie ihren Arzt oder Apotheker“ oder lies den Beipackzettel oder – falls dieser zu kryptisch ist – auch mal einen entsprechenden Blogartikel.
Wie ist deine Meinung? Trainierst du noch oder schluckst du schon? Ich freue mich auf eine spannende Diskussion.
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Ach übrigens – ich wünsche dir mehr Zeit für Sport in deinem Leben.
Dein Torsten…
Und das meinen die Leser:
Vielen Dank für deinen Blog. Ich freue ich mich sehr über dein E-Book und den regelmäßigen Newsletter!!! Ein wirklich interessantes Thema....denn auch ich war noch vor 12 Jahren ein ziemlicher Couchpotato....nun kann ich mir ein Leben ohne Sport und Bewegung überhaupt nicht mehr vorstellen!
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Über den Autor: Torsten Pretzsch
Ich bin 2008 von der Couch aufgestanden, um ein sportlicheres Leben zu führen. Begonnen mit einer Laufrunde von 15 Minuten, lief ich Jahre später Marathon und absolvierte einen Ironman.
Mit dem ausdauerblog möchte ich meine Vision verwirklichen, über 50.000 Menschen dauerhaft zum Laufen zu bringen.
Danke für den Beitrag. Das Thema ist nicht neu, aber enorm wichtig.
Leider kenne ich Doping im Freizeitbereich schon seit Jahrzehnten aus den Arztpraxen, wo ich früher gearbeitet habe.
Ephedrin war gerade bei Nachtturnieren im Tennis weit verbreitet. Das haben die Hausärzte teilweise auf Rezept verordnet.
Das gäbe es heutzutage nicht mehr.
Mit Anfang 20 war ich begeisterte Kraftsportlerin.
Damals bin ich mehrfach angesprochen worden,.ob ich nicht an Steroide heran kommen könnte, was ich kategorisch abgelehnt habe.
Auch wollten einige der Männer von mir die Injektion gemacht haben, weil sie es selbst nicht konnten und ich es gelernt habe. Das habe ich natürlich ebenfalls abgelehnt. Unverschämt und so unfassbar dumm.
Einer der Bodybuilder ist leider zwei Jahre später gestorben.
Schlaganfall vom extrem hohen Blutdruck durch ständiges Doping mit mehreren Substanzen.
Nun habe ich vor einem knappen Jahren mit Nordic Walking angefangen und jogge mittlerweile mindestens 1/3 der Laufstrecke.
Etwa drei-, bis viermal pro Woche und durchschnittlich sieben bis acht Kilometer.
Einmal pro Woche versuche ich 10 Kilometer zu walken.
Funktioniert mittlerweile recht gut.
Nun möchte ich zum Joggen wechseln, dazu brauche ich dann etwas Hilfe.
Ich freue mich, wenn es am 30.4. endlich los geht.
Schmerzen hatte ich auch letzten Monat im rechten Knie. Bakerzyste und Innenbandzerrung wurden diagnostiziert.
Es hat mich viel Disziplin gekostet, weil ich mehr Pausen einlegen musste und die Jogginstrecken eben eine Zeit lang gestrichen habe.
Aber es hat sich gelohnt.
Heute bin ich relativ ( fast wieder ) schmerzfrei 10,4 Kilometer unterwegs gewesen, Nordic Walking, davon ca. 4 Kilometer im Intervall gejoggt. Ich freue mich, bald die ganze Strecke joggen zu können.
Aber ganz sicher nicht unter Schmerzmittel. Das bleibt tabu.
Liebe Grüße
Silvia
Hallo Silvia,
ich wünsche dir viel Erfolg. Du wirst dich wundern, dass es langsam losgeht im Plan. Bitte halte dich dran auch wenn du schon mehr könntest. Es wird sich lohnen.
Danke für deine Anmerkungen zum Thema hier!
Viele Grüße Torsten
Endlich jemand, der es perfekt auf den Punkt bringt, wie gefährlich der Einsatz von Schmerzmitteln beim Sport ist. Sicher scheiden sich die Geister, ob e sich hierbei tatsächlich um die Vorstufe zum Doping handelt, allerdings ist eines klar: Herz, Magen und Darm stehen unter Hochbelastung, und das kann niemals gut sein. Darum: Bei Schmerzmitteleinnahme Trainingspause einlegen. Der Gesundheit zu Liebe.
Hallo Torsten,
all deine Ausführungen was beim Laufen mit Schmerzmitteln passiert, sind äußerst hilfreich und interessant auch wenn ich noch nie was genommen habe und es auch nicht tun würde.
Ich bin auch absoluter Gegner von Medikamenten. Körperliche Symptome wollen einem Menschen immer etwas sagen. Anstatt etwas zu nehmen und es „wegzumachen“ sollte man sich das besser anschauen.
Danke für diesen Artikel!
Viele Grüße,
Gerd
Guter Artikel zu einem wichtigen Thema. Kenne das auch aus dem Kraftsportbereich. Der „gute“ alte ECA-Stack. Ephedrin, Coffeine, Aspirin. Mittlerweile ist Ephedrin zum Glück nurnoch schwer erhältlich, dennoch gibt es Ersatzsubstanzen die nicht weniger gefährlich sind (in dieser Kombination).
Ausgezeichneter Artikel, der wieder mal vor Augen führt, wohin bedenkenloses Verwenden von Medikamenten führen kann…
Vielen Dank – ich wünschte, solche Artikel braucht es nicht. Vielen Dank auch fürs Verlinken!
Viele Grüße
Torsten