Ein Gastbeitrag von Christina Röhrenbeck
Mitte 2014 hat sie mich gepackt, die Laufliebe. Ich wusste, dass mein Gewicht einen kritischen Punkt erreicht hatte. Noch höher sollte es nicht gehen. Doch mit dem Laufen begann ich nicht, um abzunehmen, ich hatte einfach einen Drang, mich zu bewegen. Dass dabei natürlich die Pfunde anfingen zu purzeln, war umso schöner. Meinen ersten Lauf absolvierte ich in alten Sportklamotten meines Freundes, mit Schuhen aus dem Discounter, aber schon beim zweiten Versuch lief ich meine anfängliche 2,8km-Runde ohne Gehpause durch, was mich unglaublich stolz machte. Aber noch war es mehr Kugeln als Laufen.
Es war und ist kein leichter Weg, aber es ist mein Weg, der oft auch schon einfach das Ziel war.
Doch wie sah dieser Weg überhaupt aus?
Aller Anfang ist schwer
…bei mir im wahrsten Sinne des Wortes. Mit weit mehr als 110kg und Konfektionsgröße 52 habe ich meine ersten Laufschritte unternommen. Man hört sehr oft, dass Laufen nicht die erste Wahl sei für übergewichtige Menschen. Gelenkschonendere Sportarten wie Walken oder Schwimmen werden empfohlen. Ich kann aber bestätigen, dass die Vorteile (Fitnessaufbau, Gewichtsreduktion) deutlich die eventuellen Nachteile überwiegen. Da ich sicher sein wollte, habe ich mich auch ärztlich durchchecken lassen. Um das Risiko einer Verletzung gering zu halten, war ich zu Beginn sehr langsam unterwegs, trug stark gedämpfte Schuhe und habe mich, was mögliche sportliche Ziele angeht, nicht unter Druck gesetzt – mein Körper würde mir schon sagen, wann ich mehr Gas geben könnte. Es ging rein um die Bewegung und die Freude daran. Konkretere Ziele kamen dazu, als ich sicherer und beim Laufen selbstbewusster wurde. Letzteres war natürlich auch auf den Gewichtsverlust zurück zu führen.
Ich habe auf einer knapp 3km-Runde begonnen, mein Ziel war es zunächst, irgendwann einmal 5km durchlaufen zu können. Dies schaffte ich zwei Monate nach meinem Einstieg. Und hier kristallisierte sich dann langsam das Ziel heraus, im folgenden Frühjahr an einem 5km-Volkslauf teilzunehmen, zu finishen und vielleicht auch nicht Letzte zu werden.
Ready, Set, Go!
Auch wenn konkrete Ziele anfänglich nicht im Vordergrund standen, so waren sie zukünftig aus einem Grund dennoch wichtig: Ich wollte mich dadurch motivieren, nicht wieder zum „Couchpotato“ zu werden. Mein erster 5km-Volkslauf war im April 2015 geplant, kurz zuvor machte mich mein Freund auf einen weiteren Lauf aufmerksam, der ein paar Wochen davor stattfand. Spontan meldete ich mich an und lief beim Rißnert-Lauf in Karlsruhe-Rüppurr das erste Mal in meinem Leben bei einem Volkslauf mit. Kurze Zeit später folgte mit dem Neureuter Volkslauf ein 5km-Lauf quasi vor meiner Haustüre. Es waren keine riesigen Veranstaltungen mit mehreren tausend Startern, sondern sie waren geprägt durch eine familiäre, freundliche Atmosphäre – perfekt zum Einstieg! Es folgten andere Volksläufe und überraschende Herausforderungen wie die Bergdorfmeile mit für mich ungewohnt vielen Höhenmetern. Es machte mir Spaß, auf bestimmte Läufe zu trainieren, schneller zu werden, mich ein wenig zu fordern. Alles in meinem eigenen, persönlichen Rahmen. Es hat mich sehr motiviert, dass meine Zeiten besser wurden und ich mich schnell verbessern konnte.
Schon kurz vor meinen ersten beiden Läufen habe ich das erste Mal die 10km-Marke geknackt. Der Lauf dauerte ewig, was mir aber völlig egal war. 10km hörte sich für mich an wie die Besteigung des Mount Everest. Ab und an hätte ich wohl auch eine Sauerstoffmaske benötigt. Kaum war ich von dem Lauf zurück, meldete ich mich zu meinem ersten Halbmarathon an. Motivation ist alles.
Der erste Halbmarathon
21,195km. Eigentlich eine Strecke, die man eher mit dem Auto zurücklegen möchte als zu Fuß. Vor allem, wenn man sich anhand bekannter Distanzen in der Umgebung einmal das tatsächliche Ausmaß dieser Strecke vergegenwärtigt. Oh weh, auf was hatte ich mich da eingelassen? Ich griff mir nicht nur einmal an den Kopf. Aber es gab kein Zurück und im September 2015 stand ich an der Startlinie des Halbmarathons in Karlsruhe. Es war ein Krampf und ein Kampf. Vor allem ein Kampf mit einer recht penetranten Ordnungsamtsdame, die uns Läufern am Ende des Feldes ausführlich erklärte, warum wir kurz davor waren, aus dem Rennen genommen zu werden. Ich möchte dazu erwähnen: Sie saß auf einem Rad. Aber aufgeben war nicht, ich habe die Dame und meinen zwickenden Oberschenkel ignoriert. Es hieß, sich durchzubeißen, aber ich habe es gepackt und vor allem habe ich nicht die Lust an Herausforderungen verloren. Das Gefühl, tatsächlich 21km gelaufen zu sein, war unglaublich!
Mittlerweile habe ich drei Halbmarathons absolviert und die Strecke ist im Training selbst auch kein Problem. Die 42km werde ich zunächst nicht angehen – ich habe den Triathlon für mich als neue Herausforderung entdeckt.
Die Bewegung und die regelmäßigen Trainings sind ein großer Teil meines Lebens geworden. Ich habe bestimmte Trainingstage, die ich nur ungern ausfallen lasse. Was das Abnehmen angeht, so habe ich irgendwann auch an weiteren Schrauben gedreht.
Get fit on the run, lose weight in the kitchen
Alleine die Bewegung reichte aus, um anfänglich recht schnell die Pfunde purzeln zu lassen. Irgendwann aber kam der Punkt, an dem es eine Ernährungsumstellung noch effektiver, gesünder und langfristiger machte, Gewicht zu verlieren. Ich habe mich nicht nach einer speziellen Diät ernährt, ich habe vielmehr die gesamte Kalorienbilanz im Blick. Abends achte ich auf eine kohlenhydratarme Ernährung, ich habe die Kohlenhydrate allerdings nicht gänzlich aus meinem Speiseplan gestrichen. Auf unnötiges Naschen verzichte ich. Auch ausreichendes Trinken ist wichtig und notwendig. Ich möchte mich nicht kasteien und genehmige mir auch ab und an eine Pizza, Süßigkeiten oder ein Glas Sekt auf Familienfeiern. Im Vergleich zu früher kann ich jetzt diese Mahlzeiten auch viel mehr genießen.
Wichtig für mich war und ist immer noch, dass ich mich mit niemandem vergleiche außer mit mir selbst. Ich möchte mein Bestes geben – das Beste, das ich persönlich in diesem Moment, an diesem Tag geben kann. Unabhängig davon, was andere leisten. Wenn ich mich bei einem Halbmarathon um eine Minute verbessere, freue ich mich unheimlich. Völlig egal ist es, dass ich dabei wohl immer noch im hinteren Drittel des Feldes rangiere. Es geht um Spaß und es geht darum, anzuerkennen, dass jeder Athlet, der sein Bestes gibt und sich seinen persönlichen Herausforderungen stellt, Respekt verdient.
Mein Weg ist noch nicht zu Ende und wer mich dabei begleiten möchte, kann mich auf meinem Blog www.dierennschnecke.com verfolgen – die nächste Herausforderung kommt bestimmt! Sie heißt Olympischer Triathlon und findet im Juni 2017 im Kraichgau statt.
Über die Autorin:
Christina Röhrenbeck, bloggt auf www.dierennschnecke.com
Die Rennschnecke heißt im richtigen Leben Christina Röhrenbeck und ist 34 Jahre alt. Laufend unterwegs bin ich seit Mitte 2014, bevorzugt 10km bis Halbmarathon sowie kurze Triathlon-Distanzen.
Meine Laufschuhe verdiene ich mir trotz eines brotlosen Studiums der Neueren Geschichte und Klassischen Archäologie als Archivarin in einem Landesarchiv. Meinen Blog über das Laufen betreibe ich seit Anfang 2016, er richtet sich an Freizeitläufer, Laufeinsteiger und laufende Mädels
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Grossartig, Christina!! Deine Geschichte ist sehr motivierend. Mach‘ weiter so!!! Ich (65) laufe auch seit ein paar Jahren. Nichts besonders allerdings, meist nur 5K Laeufe. Aber gestern hatte ich meinen ersten 7K Lauf.
Erinnert mich an meine Geschichte… mit dem Unterschied, dass ich die 42,195km angegangen bin und ganz weit weg vom Triathlon bin (<- Bleiente).
Viel Spass weiterhin und ein schöner Gastbeitrag…
Das kann ja noch kommen, Michael. Ich habe vor 13 Jahren auch einfach mit Marathon angefangen und vor gerade erst einmal fünf mit dem Triathlon… Viel Spaß auch weiterhin auf der Laufstrecke.
Ein super schöner Beitrag von Rennschnecke. Ich folge ihrem Blog sehr gern und es ist schön mitzuerleben, wie viel Spaß sie bei allem hat.